Jagdpachtvertrag und Afrikanische Schweinepest (ASP)
von RA Georg H. Amian, Aachen
Ist ein Jagdbezirk von der ASP betroffen, so stellen sich für den Pächter viele Fragen. Die Wichtigsten hierzu möchte ich nachfolgend beantworten:
Bin ich weiter zur Jagdpachtzahlung verpflichtet, wenn mein Revier von ASP betroffen ist?
Hier ist zunächst entscheidend, was im Pachtvertrag steht. Ist eine Minderung generell ausgeschlossen oder eingeschränkt, so wirkt der Ausschluss oder die Einschränkung auch in dem Fall fort, dass das Revier von ASP betroffen ist.
Gibt es keinen Ausschluss oder eine Einschränkung der Minderungsrechts, gilt das Gesetz -nämlich die Vorschriften des BGB zu Miete und Pacht (§§ 581 ff. BGB; § 536 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 535 BGB). Das heißt im Klartext: Bei einem Verbot der Jagdausübung oder einer wesentlichen Beschränkung kann die Pachtzahlung -ja nach Grad der Beeinträchtigung- bis auf Null gemindert werden; hier ist immer im Einzelfall zu prüfen, wie weit die jeweilige Beeinträchtigung geht.
Kann ich aus dem Pachtvertrag aussteigen, wenn mein Revier von ASP betroffen ist?
Auch, wenn es für den juristischen Laien schwer nachvollziehbar ist – nein. Denn weder der Verpächter, noch der Pächter kann etwas dafür, dass im betroffenen Revier die ASP zum Ausbruch gelangt ist. Es handelt sich daher um einen Fall „höherer Gewalt“, der kein Sonderkündigungsrecht auslöst. Hier gilt es, im Einvernehmen von Verpächter und Pächter eine vertretbare Lösung zu finden, zumal die Pflichten des Jagdausübungsberechtigten nicht erlöschen – ganz im Gegenteil kann die Mitwirkungspflicht im Seuchenfall sogar erhöht sein.
Kann ich eine Regelung -z.B. ein Sonderkündigungsrecht- für den Fall der ASP in den Pachtvertrag aufnehmen?
Grundsätzlich ja – hier bedarf es aber des Einverständnisses beider Vertragsparteien. Liegt dieses vor, kann auch während der laufenden Pachtperiode eine entsprechende Ergänzung des Pachtvertrages erfolgen; in der Regel bedarf diese aber bei gemeinschaftlichen Jagdbezirken der Zustimmung der Genossenschaftsversammlung.
Welche Pflichten können mich als Jagdausübungsberechtigten im Falle der ASP treffen?
Der Gesetzgeber hat für den Seuchenfall eine Vielzahl von Mitwirkungspflichten vorgesehen, die den Jagdpächter treffen können:
- Der Jagdausübungsberechtigte kann zur Durchführung bestimmter Maßnahmen, insbesondere hinsichtlich der Art und des Umfangs einer verstärkten Bejagung oder zur Darlegung oder zum Nachweis beabsichtigter und ergriffener Maßnahmen zur verstärkten Bejagung verpflichtet werden; § 6 Abs. 6 S. 1 TierGesG.
- Nach der Schweinepestverordnung hat der Jagdausübungsberechtigte außerdem zu dulden, dass die zuständige Behörde andere Personen zur Jagdausübung benennen kann, wenn eine wirksame Bekämpfung der ASP durch die Mithilfe des Jagdausübungsberechtigen nicht erreicht werden kann; der Jagdausübungsberechtigte hat zudem Hilfe zu leisten; § 14d Abs. 6 Satz 2 und 3 SchwPestV.
- Der Jagdausübungsberechtigte kann auch zur Probenentnahme nach näherer Weisung durch die zuständige Behörde verpflichtet werden; § 14e SchwPestV
- Unabhängig davon bestehen auch darüber hinaus umfangreiche Informations- und Mitwirkungspflichten, die gesetzlich nicht normiert sind, sich aber aus der allgemeinen Verantwortung des Jagdausübungsberechtigten ergeben.
Übrigens: Der Jagdausübungsberechtigte ist bei angeordneten Maßnahmen zu entschädigen.
Es sollte jedoch nicht das Ziel des Jagdausübungsberechtigten sein, im Falle des Auftretens des ASP seine Energie darauf zu verwenden, aus dem Pachtvertrag auszusteigen. Es ist unsere Pflicht als Jagdausübungsberechtigte und Jäger, bei der Bekämpfung der ASP nach besten Kräften mitzuwirken – dies nicht nur im Interesse unseres Wildes, sondern auch im Sinne der Nutztiere in der Landwirtschaft, vor denen die Seuche ebenfalls keinen Halt macht.
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Wildschaden – Landwirt muss regelmäßig Flächen kontrollieren
von RA Georg H. Amian
Eine der effizientesten Verteidigungsstrategien im Wildschadensprozess ist der Angriff der Wildschadensanmeldung selbst. Grund hierfür ist, dass das Wildschadens im Wesentlichen Case Law ist, d. h., die Anforderungen an den Umfang der Wildschadensanmeldung ergeben sich nicht aus dem Gesetz unmittelbar, sondern vielmehr aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Will man sich also erfolgreich gegen Wildschäden zur Wehr setzen, ist eine genaue Kenntnis der Rechtsprechung unbedingt erforderlich.
Es reicht zur wirksamen Anmeldung von Wildschäden nämlich nicht aus, das vom Gesetzgeber vorgegebene Formular zur Anmeldung von Wildschäden auszufüllen – vielmehr sind weitere, umfangreiche Ausführungen spätestens dann zu machen, wenn das Wildschadensverfahren vom Feststellungsverfahren ins gerichtliche Verfahren übergeht. Aus der Schadenmeldung hat daher hervorzugehen,
- wann der Schaden konkret entdeckt wurde,
- welche konkreten Teile der Parzelle geschädigt worden sind,
- welche Wildart den Schaden versursacht hat,
- der Zeitraum, in dem der Schaden entstanden ist,
- den ungefähren Schadensumfang,
- wann der Kläger die Flächen vor der Schadensentdeckung zuletzt kontrolliert hat,
- was der Kläger selbst zur Schadensabwehr bzw. Schadensminderung beigetragen hat,
- welche Schäden neu entstanden sind und welche Schäden Altschäden sind.
Hierbei ist auch von entscheidender Bedeutung, wann und wie oft die schadensgeneigten Flächen vor der Schadensentdeckung durch den Landwirt kontrolliert worden sind. Hintergrund ist, dass die Wochenfrist des § 34 S. 1 BJagdG nicht nur darauf abstellt, wann der Geschädigte von dem Schaden Kenntnis erhalten hat, sondern auch, wann er bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte.
Mit Urteil vom 21.12.2020 hat das Amtsgericht Schleiden (Az. 9 C 133/20) erneut zu den Anforderungen an die rechtzeitige Anmeldung von Wildschäden Stellung genommen und insbesondere zur Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die dem Geschädigten obliegende Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle schadensgeneigter Flächen ausgeführt.
Im zu Grunde liegenden Fall hatte die Klägerin Wildschaden durch Schwarzwild am 13.8.2020 angemeldet, wobei sie offengelassen hatte, wann sie die schadensgeneigten Flächen zuletzt kontrolliert hatte, also dem Schaden hätte entdecken können. Nach einem entsprechenden Einwand des Beklagten behauptete die Klägerin hierzu nur pauschal, sie habe den Schaden am 8.8.2020 bemerkt; sie würde diese Flächen alle 3-4 Tage „abfahren“.
Das Amtsgericht hält diesen Vortrag zutreffend für nicht ausreichend. Die Klägerin habe darzulegen, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen habe, um unter Anwendung gehöriger Sorgfalt etwaige Wildschäden zu entdecken. Der Vortrag, die Flächen seien alle 3-4 Tage abgefahren worden, sei zu unbestimmt und genüge nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, da ein solcher Vortrag dem Beweis nicht zugänglich sei. Es sei weder ausreichend dargelegt worden wann und durch wen kontrolliert worden sei, noch in welcher Art und Weise dies geschehen ist.
Hierbei verweist das Gericht erneut auf die im Schrifttum sowie der Rechtsprechung der Amts-und der Landgerichte regelmäßig vertretene Auffassung, dass der Landwirt normalerweise mindestens alle vier Wochen bzw. mindestens einmal im Monat seine Anpflanzungen auf Wildschäden zu kontrollieren habe. Sofern die erkennbare Gefahr bestünde, dass Wildschäden auftreten, seien auch kürzere Abstände – Intervalle von zwei Wochen, unter Umständen je nach schadensgeneigte Zeit sogar in der Regel eine wöchentliche Begehung der Felder – gefordert. D. h., je wahrscheinlicher ein Schadenseintritt ist, um so öfter müssen die Flächen durch den Landwirt nachvolziehbar kontrolliert werden.
Der Jagdausübungsberechtigte sollte aber auch seinerseits regelmäßige Kontrollen durchführen und diese dokumentieren, um später im Prozeß anderslautenden Behauptungen des Landwirts entgegentreten zu können. Kann nämlich der Jagdausübungsberechtigte nachweisen, dass der Schaden bereits vor der Wochenfrist entstanden ist, ist der Schadenersatzanspruch verfristet und geht damit ins Leere.
Fazit:
Kontrolliert der Landwirt wildschadensgeneigte Flächen nicht regelmäßig und dokumentiert diese Kontrollen in nachvollziehbarer Weise, so wird er erhebliche Schwierigkeiten haben, die Rechtzeitigkeit der Schadensentdeckung und Schadensanmeldung im Folgeprozess zu beweisen. Es ist daher in jedem einzelnen Fall genau zu prüfen, ob die Wildschadensmeldung den Voraussetzungen der Rechtsprechung genügt.
Sind Sie von Wildschaden betroffen oder haben Fragen hierzu? Ich stehe Ihnen jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite.
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