Reh von Hund gerissen – was nun?
Es ist eine traurige Tatsache, dass sich der Jagdausübungsberechtigte immer wieder mit Fällen konfrontiert sieht, in denen Hunde Wild hetzen oder auch zur Strecke bringen. Aber wie reagiere ich in dieser Situation richtig? Welche Möglichkeiten habe ich, gegen den Hundehalter vorzugehen? Gar nicht reagieren ist hier jedoch genauso falsch, wie zur Waffe greifen und in Ausübung des Jagdschutzes des wildernden Hund zu erschießen.
Der Gesetzgeber hat uns hier verschiedene Möglichkeiten an die Hand gegeben, die gleich auf mehreren Ebenen greifen – verschiedene strafrechtliche, jagdrechtliche und ordnungsrechtliche Vorschriften behandeln das Thema. In derartigen Fällen hat der Hundehalter nicht nur mit Maßnahmen nach den jagdrechtlichen Vorschriften sowie dem Strafgesetzbuch zu rechnen; vielmehr drohen gleichzeitig entsprechende Konsequenzen nach dem Landeshundegesetz NRW.
1. Jagdrecht
Bereits das freie Laufenlassen von Hunden im Jagdbezirk mit der potentiellen Gefahr der Wilderei ist eine Ordnungswidrigkeit gem. § 55 Abs. 2 Nr. 8 Landesjagdgesetz NRW, die mit einem Bußgeld bis zu 5.000,00 € bedroht ist.
Die dadurch entstehende Störung des Wildes ist eine weitere Ordnungswidrigkeit nach § 19a BJagdG und gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 BJagdG mit einer Geldbuße bis zu 5.000,00 € bedroht; § 39 Abs. 3 BJagdG.
Anzuzeigen ist die Ordnungswidrigkeit bei der zuständigen unteren Jagdbehörde, die bei den Landkreisen und kreisfreien Städten angesiedelt sind.
2. Ordnungsrecht
Gem. § 2 Abs. 2 LHundG NRW sind Hunde so zu halten, zu führen und zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Der Verstoß stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 LHundG NRW dar, der mit einem Ordnungsgeld bis zu 100.000,00 € bedroht ist; § 20 Abs. 3 LHundG; außerdem kann im Falle des Verstoßes der Hund eingezogen werden; § 20 Abs. 4 LHundG.
Hunde, die Wild reißen, sind nach § 3 Abs. 3 Nr. 6 LHundG NRW als gefährlich einzustufen. Die Haltung eines gefährlichen Hundes bedarf der Erlaubnis nach § 4 LHundG NRW, die an bestimmte Voraussetzungen, u.a. einen Sachkundenachweis im Sinne des § 6 LHundG NRW geknüpft sind. Zudem gilt für gefährliche Hunde eine Leinen-und Maulkorbpflicht sowie die Pflicht, eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen; § 5 LHundG NRW.
Anzeigen wegen Verstößen gegen das Landeshundegesetz sind beim zuständigen Ordnungsamt der Stadt oder Gemeinde zu erstatten.
3. Strafrecht
Bereits das Nachstellen des Wildes durch den Hund erfüllt den Tatbestand der Jagdwilderei, wobei der Täter der Hundehalter ist, des sich des Tatwerkzeugs „Hund“ bedient. Es liegt regelmäßig nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat nach § 292 StGB (Wilderei) vor, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird; in besonders schweren Fällen von 3 Monaten bis zu 5 Jahren.
Schließlich ist der Jagdschutzberechtigte ermächtigt, wildernde Hunde zu töten (§ 25 Abs. 4 Nr. 2 LJG NRW); von dieser Möglichkeit sollte jedoch nur in absoluten Ausnahmefällen und nur als allerletzte Lösung Gebrauch gemacht werden, wobei zu beachten ist, dass die Beweislast dafür, dass der Hund gewildert hat, beim Jagdschutzberechtigten liegt.
Anzeige wegen Jagdwilderei ist bei jeder Polizeidienststelle oder der zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen.
4. Zivilrecht
Unabhängig von den straf– und ordnungsrechtlichen Vorschriften stellt das Nachstellen und Hetzen, erst Recht das Töten von Wild durch einen Hund einen rechtswidrigen Eingriff in das Jagdausübungsrecht dar. Beschränkt sich die Tathandlung auf Nachstellen oder Hetzen des Wildes, so besteht ein Unterlassungsanspruch; kommt Wild hierbei zu Schaden, so ist für das getötete Wild zudem Schadenersatz zu leisten. Das Argument, Wild sei herrenlos, greift nicht, da hier nicht das Eigentum, sondern das Jagdausübungsrecht als besitzgleiches Recht betroffen ist.
a) Unterlassungsanspruch
Dem Jagdausübungsberechtigten steht damit zunächst ein Unterlassungsanspruch dahingehend zu, dass der Hundehalter es zukünftig zu unterlassen hat, seinen Hund unangeleint im Jagdbezirk zu führen bzw. unkontrolliert laufen zu lassen, um sicherzustellen, dass sich ein derartiges Ereignis nicht wiederholt. Der einmalige Verstoß indiziert regelmäßig die Wiederholungsgefahr, so dass bereits bei einem einmaligen Verstoß ein Unterlassungsanspruch besteht.
b) Schadenersatz
Kommt Wild zu Schaden, ist auch Schadenersatz in Geld zu leisten. Nach der grundlegenden Entscheidung des Landgerichts Trier (Urteil vom 21.06.2005, Az. 1 S 183/04) ist für getötetes Wild der Zuchtwert zu ersetzen, den das Gericht im Falle eines Rehs auf 680 € zuzüglich Mehrwertsteuer i.H.v. 19 %, insgesamt 809,20 € festgelegt hat. Zu ersetzen ist ebenfalls der weitere Aufwand für die Bergung und Entsorgung des Wildes. Nicht zuletzt hat der Schädiger die anfallenden Rechtsverfolgungskosten zu tragen, so dass hier schnell eine Summe in vierstelliger Höhe erreicht wird.
Beispiel:
Schadenersatz für das getötete Reh 680,00 €
19% MwSt hierauf 129,20 €
Kostenpauschale für Bergung und Entsorgung 50,00 €
Anwaltskosten nach RVG 195,94 €
Summe 1.019,14 €
In jedem Fall empfiehlt es sich für den Betroffenen, einen im Jagdrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, der für Sie die notwendigen Schritte einleitet und die Ihnen zustehenden Ansprüche rechtssicher durchsetzt. RA Georg H. Amian steht Ihnen hierbei gerne zur Seite.
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Nazivergleich von Jagdgegnern nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt
Amtsgericht Moers erteilt Jagdgegnern klare Absage
Nicht nur die Grenzen des guten Geschmacks, sondern auch die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritt die Bürgerinitiative Profuchs e.V. mit einem Facebook-Post vom 11.4.2021, den diesmal das noch junge Unternehmen FallenFuchs traf.
Die Firma FallenFuchs, die sich mit der Herstellung tierschutzkonformer Lebendfallen für die Fangjagd und das Wildmonitoring befasst und binnen kurzer Zeit zu den Marktführern in diesem Bereich aufgestiegen ist, wurde von der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. auf deren Facebook-Seite verlinkt und mit einem ganz besonderen Text bedacht. Hierzu schrieb die Bürgerinitiative:
„Das Gesetz lässt etliche Tierquälerei in straffrei durchgehen. Auch die Sklaverei war mal gesetzeskonform; auch die Hexenverbrennungen waren mal gesetzeskonform; zur Nazizeit waren die Judenvernichtungen gesetzeskonform… NOCH FRAGEN?“
Gegen diesen unsäglichen Vergleich, der die Herstellung von Fallen für die legale und tierschutzkonforme Fangjagd und andere Zwecke des Natur-und Artenschutzes mit der in der Vergangenheit ausgeübten Sklavenhaltung, Hexenverfolgung und Ermordung einer Vielzahl von jüdischen Mitbürgern in der Nazizeit in unerträglicher Weise verharmlost und für eine ideologisch motivierte Hetze missbraucht, wandte sich FallenFuchs mit unserer Hilfe mit einem entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung an das Amtsgericht Moers.
Das Amtsgericht Moers fand in seinem Urteil vom 19.5.2021 (Az. 561 C 109/21) deutliche Worte und untersagte der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V., es bei Meidung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten auf der Internetplattform Facebook die gewerbliche Tätigkeit der Firma FallenFuchs wörtlich oder sinngemäß mit Sklaverei, Hexenverbrennung oder Judenvernichtung zur Nazizeit gleichzusetzen oder in Verbindung zu bringen.
Das Amtsgericht stellt fest, dass der in dem von der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. abgegebenen Kommentar enthaltene Vergleich des Tierfangs mit den unter anderem von der Firma FallenFuchs hergestellten Lebendfallen als nach geltendem Recht straffreien Handelns mit der bereits seit dem fünften Jahrhundert vor Christus ausgeübten Versklavung, der Hexenverfolgung in der frühen Neuzeit etwa ab dem Jahre 1450 und der von der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. sogenannten Judenvernichtung, eine Bezeichnung der Nationalsozialisten für den Völkermord an ca. 6 Millionen europäischer Juden in der NS-Zeit, wie es z.B. in der Ankündigung vom 30.1.1939 „Führers“ Adolf Hitler heißt, in der er die „Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ propagiert hat, eine Meinungsäußerung darstellt, die im Ergebnis vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG nicht mehr gedeckt ist und einen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von FallenFuchs darstellt.
Der gezogene Vergleich zwischen der Jagd auf Tieren mit Lebendfallen, wie sie FallenFuchs herstellt und der in der Vergangenheit ausgeübten Sklavenhaltung, Hexenverbrennung und der „Judenvernichtung“ stelle das Leid der in Lebendfallen gefangenen Tieren auf eine Stufe mit den Opfern dieser Taten.
Der unbefangene und nicht juristisch geschulte Durchschnittsempfänger einer derartigen Veröffentlichung werde allein mit dem zudem auch teilweise unrichtigen Hinweis auf die fehlende Rechtswidrigkeit des Handelns – auch in der NS-Zeit war die Verwirklichung des Tatbestandes des Mordes strafbar, auch wenn es sich bei den Mordopfern um Menschen jüdischen Glaubens gehandelt hat – die Verantwortung für die Fallenjagd nicht bei dem Gesetzgeber suchen, der diese Art der Bejagung ausdrücklich gestatte, sondern diese FallenFuchs zuordnen.
Die Veröffentlichung auf der Facebook-Seite der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. habe gegenüber der gewerblichen Tätigkeit von FallenFuchs eine Prangerwirkung ausgeübt und sogenannte Hassposts ausgelöst, die sich schwerwiegend auf das Ansehen der Gesellschafter von FallenFuchs und dem von ihr ausgeübten Gewerbebetrieb ausgewirkt.
Wieder einmal mehr zeigt das Urteil des Amtsgerichts Moers, dass man sich unsachliche, polemische und über die Grenzen der Meinungsfreiheit hinausgehende Angriffe auf die rechtmäßige Ausübung der Jagd nicht gefallen lassen mussund mit Hilfe qualifizierter Juristen hiergegen vorgehen soll. Im vorliegenden Fall ist die unsägliche Gleichsetzung mit Verbrechen an der Menschlichkeit besonders verfehlt, da FallenFuchs eben nicht nur Jäger zur Ausübung der rechtskonformen Fangjagd, sondern auch Behörden und Naturschutzprojekte mit ihren Fallen beliefert, da diese aufgrund ihrer Konstruktion als besonders sicher und tierschutzgerecht gelten.
Das Urteil ist nicht berufungsfähig, da der Beschwerdewert für die Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. nicht erreicht ist und die Berufung durch das Gericht nicht zugelassen wurde.
EDIT: Mit Schreiben vom 26.05.2021 haben die Rechtsanwälte der Bürgerinitiative Pro Fuchs e.V. erklärt, das Verfügungsurteil als endgültige und verbindliche Regelung anzuerkennen und auf die Einlegung der Berufung sowie sonstige Rechtsbehelfe zu verzichten.
Hier geht es zum Urteil -> AG Moers, Urteil vom 19.05.2021
Das Urteil ist zur Veröffentlichung in den „Jagdrechtlichen Entscheidungen“, herausgegeben vom Deutschen Jagdverband e.V., vorgesehen.
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