von RA Georg H. Amian
Eine der effizientesten Verteidigungsstrategien im Wildschadensprozess ist der Angriff der Wildschadensanmeldung selbst. Grund hierfür ist, dass das Wildschadens im Wesentlichen Case Law ist, d. h., die Anforderungen an den Umfang der Wildschadensanmeldung ergeben sich nicht aus dem Gesetz unmittelbar, sondern vielmehr aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung. Will man sich also erfolgreich gegen Wildschäden zur Wehr setzen, ist eine genaue Kenntnis der Rechtsprechung unbedingt erforderlich.
Es reicht zur wirksamen Anmeldung von Wildschäden nämlich nicht aus, das vom Gesetzgeber vorgegebene Formular zur Anmeldung von Wildschäden auszufüllen – vielmehr sind weitere, umfangreiche Ausführungen spätestens dann zu machen, wenn das Wildschadensverfahren vom Feststellungsverfahren ins gerichtliche Verfahren übergeht. Aus der Schadenmeldung hat daher hervorzugehen,
- wann der Schaden konkret entdeckt wurde,
- welche konkreten Teile der Parzelle geschädigt worden sind,
- welche Wildart den Schaden versursacht hat,
- der Zeitraum, in dem der Schaden entstanden ist,
- den ungefähren Schadensumfang,
- wann der Kläger die Flächen vor der Schadensentdeckung zuletzt kontrolliert hat,
- was der Kläger selbst zur Schadensabwehr bzw. Schadensminderung beigetragen hat,
- welche Schäden neu entstanden sind und welche Schäden Altschäden sind.
Hierbei ist auch von entscheidender Bedeutung, wann und wie oft die schadensgeneigten Flächen vor der Schadensentdeckung durch den Landwirt kontrolliert worden sind. Hintergrund ist, dass die Wochenfrist des § 34 S. 1 BJagdG nicht nur darauf abstellt, wann der Geschädigte von dem Schaden Kenntnis erhalten hat, sondern auch, wann er bei Beobachtung gehöriger Sorgfalt Kenntnis erhalten hätte.
Mit Urteil vom 21.12.2020 hat das Amtsgericht Schleiden (Az. 9 C 133/20) erneut zu den Anforderungen an die rechtzeitige Anmeldung von Wildschäden Stellung genommen und insbesondere zur Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf die dem Geschädigten obliegende Pflicht zur regelmäßigen Kontrolle schadensgeneigter Flächen ausgeführt.
Im zu Grunde liegenden Fall hatte die Klägerin Wildschaden durch Schwarzwild am 13.8.2020 angemeldet, wobei sie offengelassen hatte, wann sie die schadensgeneigten Flächen zuletzt kontrolliert hatte, also dem Schaden hätte entdecken können. Nach einem entsprechenden Einwand des Beklagten behauptete die Klägerin hierzu nur pauschal, sie habe den Schaden am 8.8.2020 bemerkt; sie würde diese Flächen alle 3-4 Tage „abfahren“.
Das Amtsgericht hält diesen Vortrag zutreffend für nicht ausreichend. Die Klägerin habe darzulegen, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen habe, um unter Anwendung gehöriger Sorgfalt etwaige Wildschäden zu entdecken. Der Vortrag, die Flächen seien alle 3-4 Tage abgefahren worden, sei zu unbestimmt und genüge nicht den Anforderungen an die Darlegungslast, da ein solcher Vortrag dem Beweis nicht zugänglich sei. Es sei weder ausreichend dargelegt worden wann und durch wen kontrolliert worden sei, noch in welcher Art und Weise dies geschehen ist.
Hierbei verweist das Gericht erneut auf die im Schrifttum sowie der Rechtsprechung der Amts-und der Landgerichte regelmäßig vertretene Auffassung, dass der Landwirt normalerweise mindestens alle vier Wochen bzw. mindestens einmal im Monat seine Anpflanzungen auf Wildschäden zu kontrollieren habe. Sofern die erkennbare Gefahr bestünde, dass Wildschäden auftreten, seien auch kürzere Abstände – Intervalle von zwei Wochen, unter Umständen je nach schadensgeneigte Zeit sogar in der Regel eine wöchentliche Begehung der Felder – gefordert. D. h., je wahrscheinlicher ein Schadenseintritt ist, um so öfter müssen die Flächen durch den Landwirt nachvolziehbar kontrolliert werden.
Der Jagdausübungsberechtigte sollte aber auch seinerseits regelmäßige Kontrollen durchführen und diese dokumentieren, um später im Prozeß anderslautenden Behauptungen des Landwirts entgegentreten zu können. Kann nämlich der Jagdausübungsberechtigte nachweisen, dass der Schaden bereits vor der Wochenfrist entstanden ist, ist der Schadenersatzanspruch verfristet und geht damit ins Leere.
Fazit:
Kontrolliert der Landwirt wildschadensgeneigte Flächen nicht regelmäßig und dokumentiert diese Kontrollen in nachvollziehbarer Weise, so wird er erhebliche Schwierigkeiten haben, die Rechtzeitigkeit der Schadensentdeckung und Schadensanmeldung im Folgeprozess zu beweisen. Es ist daher in jedem einzelnen Fall genau zu prüfen, ob die Wildschadensmeldung den Voraussetzungen der Rechtsprechung genügt.
Sind Sie von Wildschaden betroffen oder haben Fragen hierzu? Ich stehe Ihnen jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite.